Villa Nid des Corbeaux

Kirtash blieb ebenfalls still, jedoch deutete Slathalia an, sich wieder auf einen Sessel im Kaminzimmer zu setzen. Und nun saßen sie beide wieder da. Er sah sie immer noch an, doch diesmal lag sogar ein wenig Angst in seinem Blick. Nach einer kurzen Weile verschwand dieser Ausdruck, als Kirtash sich erneut gefasst hatte. „Du hast… kein Zuhause, oder?“ fragte er zurückhaltend. „Wenn du willst, kannst du hier erst einmal eine Weile leben…“

Slathalia, deren Blick starr auf das Feuer im Kamin gerichtet war, schüttelte den Kopf leicht. „Nein, ich habe kein zuhause, aber ich will euch nicht zur Last fallen“ sagte sie langsam und sah Kirtash immer noch nicht an. Sie wollte sowieso och ihren Silberdolch holen – wenn Kirtash in Vampir war, würde er ihn nicht sonderlich mögen, befürchtete sie – und ein paar andere Dinge in der Gondel.. Aber wollte sie wirklich noch so nahe an die Kanäle, nach dem was zuvor geschah....

„du kannst mir hier nicht zu last fallen.“ sagte er. „Dieses Haus ist so groß, und du musst dich um nichts kümmern. Wenn du aber nicht willst…“ sagte er und sah über den Kamin, „dann bringe ich dich irgendwohin, wo es sicher ist.“ Mit einer entschlossenen Geste stand er auf und sah sie wieder an. „Wenn du es auch jetzt noch nicht entscheiden willst, lass dir so viel Zeit wie du brauchst.“ Er kniete sich vor den Kamin und schürte die Glut.

„Warum macht ihr das?“ fragte sie leise. Warum, biss er sie nicht, oder brachte sie zumindest zurück in die Gosse wo sie hingehörte. Natürlich wollte sie hier blieben, aber sie fühlte sich unerwünscht und unpassend. Nicht würdig für diesen Luxus – sie hatte noch nie mehr ale 2 Stunden in einem Haus verbracht, seit sie sich erinnern konnte. Nein, wahrscheinlich fühlte er sich ihr wegen irgendetwas schuldig, das sie nicht bemerkt hatte und nun wollte er es wieder gut machen, anders konnte Slathalia sich das nicht erklären...

„weil du für mich mehr bist, Slathalia, als die anderen Menschen. Mehr sogar als die anderen Vampire. Ich habe das schon erkannt, als ich dich das erste mal gewittert habe. Und ein… mir so wertvolles Lebewesen lasse ich nicht einfach im Schund der Gasse zurück. Das musst du verstehen. Jedoch kann ich nicht mehr, als dir dieses Angebot machen. Die Entscheidung liegt bei dir, Slathalia.“ Er sah sie ernst an. Dieses Thema war ihm wichtig. Slathalia war ihm wichtig. Wichtiger, als er es gedacht hatte, wie er jetzt erkannte.

Slathalia verstand nicht wirklich warum es ihm so wichtig war, aber DASS es ihm wichtig war sehr wohl. Etwas unentschlossen und zögerlich druckste sie zuerst herum und meinte dann „Na gut, ich bleibe?“ wobei das eher nach einer Frage klang, als nach einer Aussage. „Aber ich brauche noch ein paar Dinge, aus meiner Gondel“ fuhr sie schon etwas sicherer fort und sah Kirtash zum ersten Mal sein sie sich gesetzt hatten wieder in die Augen. Ihre Mundwinkel zuckten leicht nach oben, als wollte sie Lächeln, doch selbst wenn es zu einem solchen gekommen wäre, wäre es wohl ziemlich schwach gewesen. „Du wirst mich irgendwann beißen müssen oder?“ fragte sie zögerlich, nach einem Moment der Stille..

„ich habe versucht, dieses Thema zu umgehen doch war mir klar, dass das nicht funktionieren würde. Ja, es stimmt, ich müsste dich früher oder später beißen. Jedoch hat das meiner Meinung nach noch genug Zeit. Ich will nichts überstürzen und du mit Sicherheit auch nicht. Wenn du es Ablehnen würdest, eine Vampirin zu werden, würde ich das sehr gut verstehen. Aber gut, holen wir erst einmal die Sachen aus deiner Gondel…“ Er ging wieder auf sie zu und bot ihr höflich seine Hand.

Slathalia nahm die Hand an und stand in Gedanken versunken auf und die beiden verließen das Haus. Bei der Gondel wickelte Slathalia ihr ganzes Hab und Gut in eine Decke und warf diese wie einen Sack über die Schulter. Sie beeilte sich und es war deutlich, wie unwohl sie sich an dem Ort fühlte, an dem sie fast ertrunken wäre. Kurz darauf gingen die beiden wieder über die Ländereien der Villa und Slathalia, die zuvor ziemlich unruhig gewesen war, wurde langsam wieder etwas entspannter...

Kirtash hatte, als Slathalia ihre Sachen zusammengepackt besonders auf den silberfarbenen Doch geachtet. Er spürte, dass es echtes, massives Silber war, so etwas fand man heutzutage nur noch selten. Er merkte auch, dass Slathalia wohl einiges an dem Dolch lag. War es wohl, wie bei ihm auch ein Andenken an die Familie? Er fragte nicht, denn er wusste, wie es für ihn war, danach gefragt zu werden. Stattdessen setzte er sich auf den Altar, auf dem Slathalia nur etwa eine Stunde zuvor gelegen hatte und bot ihr mit einer Handbewegung, sich zu ihm zu setzen.

Slathalia zögerte einen Moment und ließ sich dann neben Kirtash auf dem Altar nieder. Sie sahen wirklich leicht aus wie ein Satansanbeter und sein Opfer, wie sie da so saßen. Die junge Frau blickte starr vor sich hin auf den Boden. Sie war in Gedanken versunken, doch plötzlich hob sie den Kopf, sah Kirtash fest in die Augen und meinte selbstsicherer, als sie sich fühlte „Ich denke, wenn du mich beißt, ist das die sinnvollste Lösung.. Ich halte das schon aus...“ der letzte Satz war eher a sie selbst gerichtet, wobei man das nicht wirklich hören konnte, an der Art, wie sie es sagte...

Kirtash war sehr überrascht darüber, jedoch sah man es ihm nicht an. Er saß regungslos mit sehr viel Ernsthaftigkeit vor Slathalia. „Du wirst es nicht mehr rückgängig machen können.“ Sagte er sehr warnend „es ist eine Entscheidung, die dein Leben beendet, dich aber nicht dem Tod übergibt. Und du wirst dich deinem Ekel stellen müssen. Doch wenn du dazu bereit bist…“ sagte er und sein Gesicht nährte sich ihrem „dann bin ich dazu bereit… dich zu verwandeln.“

„Nun, ich glaube nicht, dass Blut für euch riecht, wie für uns“ warf sie ein und schwieg eine Weile. Ihr Blick war nachdenklich auf den Boden gerichtet. Genauso plötzlich wie das letzte Mal hob sie wieder den Kopf und musterte Kirtash von oben bis unten. Was hatte sie zu verlieren? Das was sie führte, konnte man ja auch nicht wirklich Leben nennen. Was hieß da nicht wirklich, sie besorgte sich zu essen, schlief und versteckte sich vor leuten, die sie Not gedrungenermaßen bestohlen hatte. Nach dieser Erkenntnis begann sie mit etwas schwacher Stimme „Ich denke“ und fuhr nachdem sie sich geräuspert hatte mit überzeugter Stimme fort „Ich bin bereit...“

Kirtash blickte zum Horizont und dann wieder zu Slathalia. „Heute…“ begann er, „geht es aber nicht. Es ist schon zu spät, ich habe Angst, dass die Verwandlung bis zum Morgen noch nicht vollbracht ist und ich will nicht, dass dir Leid widerfährt.“ Er nahm sanft ihre Hand und sah ihr fest in die Augen. „dann hast du außerdem noch etwas Zeit, darüber nachzudenken.“

Juhu, noch mehr Zeit um Zweifel zu bekommen dachte Slathalia und schüttelte den Kopf. „Ich werde mich nicht mehr umentscheiden“ ließ sie überzeugt vernehmen.. Als er ihre Hand nahm, zuckte sie erst leicht zusammen, schloss ihre Finger aber dann um die seinen. Ihr Daumen strich dabei geistesabwesen über seinen Handrücken, während Slathalia weiter nachdachte „Was macht ihr eigentlich Tagsüber?“ wollte sie schließlich von Kirtash wissen...

"ich verbringe den Tag oft hier… aber Zeitweise… na ja, da das Sonnenlicht uns Vampiren schadet, nehmen wir Tiergestalten an, um tagsüber draußen zu sein… Manchmal setze ich mich einfach auf ein Dach und betrachte die Stadt und die vielen Gondeln.“ Es kam ihm im Moment alles ein wenig märchenhaft vor, wie sie da auf diesem halb überwucherten Altar saßen und einfach… ja, was machten sie eigentlich? Viele würden wahrscheinlich sagen gar nichts. Doch das war es nicht, auch, wenn es vielleicht danach aussah. Es war viel mehr. Und es beruhigte Kirtash.

"Was bist du für ein Tier?" wollte sie wissen und Blickte Kirtash neugierig an. eigentlich Tagsüber?“ wollte sie schließlich von Kirtash wissen. „Kann man sich das aussuchen, oder kommt das von alleine? Und worauf kommt es an, dass man ein bestimmtes Tier wird...“

„ich bin tagsüber ein Kolkrabe.“ Sagte er. „ich weiß nicht, der Rabe ist unser Familien Tier, jeder hier ist ein Rabe gewesen… was es bei dir sein würde, weiß ich nicht… aber das werden wir ja sehen… aber auch, wenn ich es mir hätte aussuchen können, hätte ich einen Raben genommen.“

Slathalia lächelte leicht und hörte Kirtash mit einer ungeheuren Faszination zu. „Wie ist das mit Magie? Man sagt, ihr würdet solche beherrschen. Und Wie macht ihr das, mit dem Rauch?“ Dass sie den Vampir mit euch ansprach schien für sie so selbstverständlich zu sein, wie die Tatsache, dass sie hier saß. Und daran, dass es ein Traum war, glaubte sie nun wirklich nicht...

„du kannst übrigens du sagen.“ Sagte er, ob wenn es abgesprochen wäre. „Das mit dem Rauch…“ begann er und stockte kurz. Er legte den Daumen an die Unterlippe und er überlegte kurz. „also jeder Vampir hat angeborene Fähigkeiten. Diese können weitergegeben und somit zur Perfektion gebracht werden… allerdings klappt das nur mit Vererbung… also nicht durch Blutaustausch. Ich bin mal gespannt. Ich kenne ja kaum andere Vampire. Daher bin ich gespannt, was der Vampirismus für dich bereithält.“ Er redete etwas wirr aber das war vielleicht auch verständlich, er wusste, wie man einen Menschen in einen Vampir verwandelte, hatte es aber noch nie getan. Außerdem war Slathalia eine deutlich angenehme Alternative zu seinem Einsiedlerleben um Prunk und Reichtum.

„Na gut... Ja, gespannt bin ich auch.“ Ihr lag eine Frage auf der Zunge, doch eigentlich wollte sie die antwort gar nicht wissen. Die Frage, nach den Schmerzen die die Verwandlung wohl mit sich bringen würde. Auch die Frage nach der Dauer und was dann passieren sollte, brannte in ihr, doch sie schwieg...

„machst du dir Sorgen?“ wollte Kirtash plötzlich wissen. „ich weiß nicht wie es ist, ich habe nur davon gehört. Aber ich habe nicht viel Schlimmes von der Verwandlung gehört. Natürlich, dein Leben endet aber wenn der Vampir vorsichtig mit dir Umgeht, wird es sich sogar angenehm anfühlen. Und ich bin vorsichtig.“ Er sah sie an und legte ihr wieder den Mantel über die Schultern. Ihr musste kalt sein, sie saß ja nur mit dem Kleid da, was er ihr gegeben hatte und das hatte keine Ärmel.

Ihr Blick wurde ziemlich misstrauisch. „Egal wie ihr das macht, hört auf damit“ befahl sie, nahm den Mantel aber dennoch an und wickelte sich darin ein. „Ich hoffe euch wird jetzt nicht kalt...“ meinte sie und musterte dem Vampir kritisch, als könne sie so die Antwort auf ihre Frage selbst finden. „Wir können auch wieder rein gehen, wenn ihr wünscht...“ bot sie ihm an...

„ich hab dir doch gesagt, du sollst mich duzen.“ Sagte er. „ganz, wie du willst, mir ist nicht kalt, ich bin das Nachtklima gewöhnt. Aber wenn du reinwillst, dann gerne. Er stand auf und bot ihr wieder höflich die hand. „tut mir leid.“ Sagte er zu slathalias anliegen. „aber ich habe es mir schon fast angewöhnt.. ich bin etwas neugiereig.“

"Das habe ich gemerkt" meiner sie leicht sarkastisch, nahm aber dennoch die ihr gebotene Hand und kieß sie durch den wunderschönen, wenn auch etwas verwilderten, Garten Richtung Eingang führen. "Normalerweise tragt aber auch ihr draußen einen Mantel" merkte sie noch zu seiner Aussage an, er sei solch Kälte gewohnt. Irgendwie war es äußerst seltsam. Sie kannten sich noch keine ganze Nacht und doch, waren sie sich so nah und so bekannt...

„ja, wenn ich in aber einen Moment nicht anhabe, ist das für mich nicht so schlimm, weil ich es ja generell etwas kälter gewohnt bin.“ Er wollte sie eigentlich nach drinnen führen doch irgendwie ergab es sich, dass sie an einem Hain von vielen, alten, knorrigen Bäumen standen.